Nach Grundsteuerreform: Gemeinderat beschließt neue Hebesätze
icon.crdate28.11.2024
Die Hebesätze für die Grundsteuern A und B wurden angepasst. Die neuen Sätze gelten zum 1. Januar 2025.
Nach der Reform der Grundsteuer hat die Gemeinde Winterbach die Hebesätze für die Grundsteuern A und B angepasst. Die neuen Sätze gelten zum 1. Januar 2025.
Die Grundsteuerreform des Bundes hat auch für die Gemeinde Winterbach die Festsetzung neuer Hebesätze für die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) und Grundsteuer B (Grundvermögen) erforderlich gemacht: Am 26.11.2024 hat der Gemeinderat die Hebesatzsatzung mit einem Hebesatz für die Grundsteuer A in Höhe von 530% und für die Grundsteuer B in Höhe von 240% sowie die Gewerbesteuer mit einem unveränderten Hebesatz von 380% mehrheitlich beschlossen.
Der Gemeinderat folgte damit dem Verwaltungsvorschlag, den Hebesatz und das zu erwartende Grundsteueraufkommen so festzusetzen, dass die sogenannte „Aufkommensneutralität“ gegeben ist, d.h. dass es durch die Grundsteuerreform grundsätzlich nicht zu einer Erhöhung des Grundsteueraufkommens gegenüber dem Jahr 2024 kommt. Die Einnahmen der Gemeinde über die Grundsteuer sollen mit den neuen Hebesätzen vielmehr in etwa auf dem gleichen Niveau bleiben. Allerdings wurde vorgeschlagen und beschlossen, bei der Grundsteuer B einen Puffer in Höhe von 70.000 Euro einzukalkulieren, da es aufgrund von Widersprüchen, Schätzungen und noch nicht abgegeben Erklärungen hier noch zu Verschiebungen kommen kann.
Das Steueraufkommen 2024 aus der Grundsteuer B beträgt in Winterbach ohne Nachzahlungen für frühere Jahre aktuell rund 1,3 Mio. Euro (Hebesatz seither 385%), das Aufkommen 2024 aus der Grundsteuer A beträgt rund 12.800 Euro (Hebesatz seither 300%). Die aufkommensneutrale Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer A auf 530% werde sich für die vielen Grundstücksbesitzer von ein oder zwei Streuobstwiesen im Jahr oftmals gar nicht oder ggf. nur um wenige Euro auswirken, wie Kämmerer Manfred Maurer betonte. Da in Winterbach bei der Grundsteuer A die beiden größten Steuerzahler das Land Baden-Württemberg und die Gemeinde Winterbach selbst sind, habe man sich dazu entschlossen, trotz schwieriger Berechnungen des Steueraufkommens den Stand heute aufkommensneutralen Hebesatz anzusetzen.
Für das Jahr 2025 sind vom Finanzamt Stand Oktober Messbeträge bei der Grundsteuer B in Höhe von insgesamt 570.132,03 Euro und bei der Grundsteuer A in Höhe von 2.421,57 Euro festgesetzt worden. Die endgültige Messbetragssumme könne sich in Abhängigkeit von noch ausstehenden Grundsteuermessbescheiden und Unwägbarkeiten durch eingegangene Einsprüche gegenüber dem aktuellen Stand noch verändern, wie Bürgermeister Sven Müller betonte.
Zu beachten ist, dass sich die Aufkommensneutralität ausschließlich auf die Einnahmen der Gemeinde insgesamt bezieht und nicht auf die Höhe der Grundsteuer für die einzelnen Steuerpflichtigen. So wird es für Steuerpflichtige aufgrund der Reform zwangläufig zu geänderten Beträgen kommen, wobei manche mehr, andere weniger als bislang bezahlen müssen. Verschiebungen ergeben sich insbesondere zwischen unterschiedlichen Grundstücksarten, wobei sich innerhalb des Bereiches „Wohnen“ aufgrund der jeweiligen Grundstücksflächen Auswirkungen besonders bei Ein- und Zweifamilienhäusern mit großen Grundstücken ergeben. Diese Auswirkungen bei der Grundsteuer B gehen auch auf das Bodenwertmodell des Landes zurück, weil hier Gebäudewerte nicht berücksichtigt werden.
Hintergrund
Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 10.04.2018 die Bewertungsvorschriften für die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hatte, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandle und damit gegen das Gebot der Gleichbehandlung verstoße, wurde mit dem Grundsteuerreformpakets des Bundes im November/Dezember 2019 eine gesetzliche Neuregelung getroffen. Damit durfte und darf die Grundsteuer in ihrer bisherigen Form nur noch bis Jahresende 2024 (Übergangszeit) erhoben werden.
Neben dem eigentlichen Grundsteuerreformgesetz war auch eine Grundgesetzänderung Teil des Reformpakets. Der geänderte Artikel 105 Abs. 2 des Grundgesetzes ermächtigt die Länder nun, vom Grundsteuerrecht des Bundes (Bundesmodell) abzuweichen. Davon haben mehrere Bundesländer Gebrauch gemacht, u.a. das Land Baden-Württemberg (Beschluss des Landesgrundsteuergesetzes am 04.11.2020).
Ermittlung der Grundsteuer B (Grundvermögen)
Für das Grundvermögen hat der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg mit dem modifizierten Bodenwertmodell einen eigenen Weg gewählt. Bei diesem Modell wird die Grundstücksfläche mit dem vom örtlichen Gutachterausschuss auf den 01.01.2022 festgestellten Bodenrichtwert multipliziert. Die Gebäudewerte auf den entsprechenden Grundstücken sind dagegen nicht relevant. In Baden-Württemberg bleibt die Bebauung eines Grundstücks und damit ein etwaiger Gebäudewert damit unberücksichtigt. Der sich ergebende Grundsteuerwert (Grundstücksfläche x Bodenrichtwert) wird mit der sogenannten Steuermesszahl, für die insbesondere für bebaute Wohngrundstücke ein Abschlag von 30 % vorgesehen ist, vervielfacht.
Ermittlung der Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft)
Bei der Land- und Forstwirtschaft hat der Landesgesetzgeber das Bundesmodell übernommen. Die Bewertung erfolgt hier auf Basis eines sogenannten typisierenden durchschnittlichen Ertragswertverfahrens. Während im bisherigen Recht bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die Wohngebäude der Betriebsinhaber, seiner Familienangehörigen und die Altenteiler bei der Grundsteuer A mitbewertet worden sind, werden diese zukünftig als eigenes Grundsteuerobjekt bei der Grundsteuer B bewertet.
Die Grundsteuer wird in einem dreistufigen Verfahren ermittelt:
- Im ersten Schritt, dem Bewertungsverfahren, stellen die Finanzämter den Grundsteuerwert fest. Das Verfahren endet mit dem Erlass eines Grundsteuerwertbescheids.
- Im zweiten Schritt wird von den Finanzämtern auf der Grundlage des Grundsteuerwerts der Messbetrag berechnet. Das Verfahren endet mit dem Erlass eines Messbescheids.
- Im dritten und letzten Schritt errechnet die Gemeinde die Grundsteuer, in dem sie den Messbetrag mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Hebesatz multipliziert. Durch den Grundsteuerbescheid wird die Grundsteuer dann gegenüber dem Steuerpflichtigen festgesetzt.
Die Höhe der Grundsteuer ab dem Jahr 2025 können Sie bereits jetzt errechnen, sofern Ihnen der Grundsteuermessbescheid vom Finanzamt vorliegt. Den dort enthaltenen Grundsteuer-Messbetrag mit dem Faktor 2,4 multiplizieren (für den Hebesatz 240 v.H.) und erhalten dann den Jahresgrundsteuerbetrag.
Transparenzregister des Landes
Seit September 2024 können Steuerpflichtige über das sogenannte Transparenzregister des Finanzministeriums für die Grundsteuer B für eine bestimmte Gemeinde eine Bandbreite an möglichen Hebesätzen abfragen, die aus Sicht des Finanzministeriums aufkommensneutral ist. Für die Gemeinde Winterbach wird darin ein Hebesatzkorridor von 206 v.H. bis 228 v.H. ausgewiesen. Der von der Verwaltung vorgeschlagene Hebesatz für die Grundsteuer B bewegt sich etwas über diesem Hebesatzkorridors, aufgrund des einkalkulierten Puffers. Aus gutem Grund, denn: Das Transparenzregister betrachtet ausschließlich den Stand Oktober 2024, d.h. spätere Verschiebungen aufgrund von Einsprüchen etc. sind dabei nicht berücksichtigt.
Letztlich gelte es auch in Winterbach abzuwarten, so Bürgermeister Sven Müller, bis eine endgültige Datenlage vorliege. Für die Haushaltsplanung 2026 können die Hebesätze dann nochmals neu gerechnet und ggf. angepasst werden.
Die neuen Grundsteuerbescheide werden dann Anfang Januar verschickt. Die grundsätzlichen Fälligkeitstermine 15.02./15.05./15.08./15.11. bleiben weiterhin bestehen. Bei Fragen zur Höhe des individuellen Messbetrages wenden Sie sich bitte an das zuständige Finanzamt in Schorndorf.